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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. VI. Zoll- und Handelswesen.
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Artikel 35.1)

Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung2) über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups,3) über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind.

In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und- Bieres der Landesgesetzgebung vorbehalten.4) Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Übereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen.

1) In Art. 35 der Verf. des nordd. Bundes hieß es „einheimischen Zuckers" etc. Neu ist ferner der Absatz III des Art. 35, wodurch den betreffenden Staaten bestimmte Sonderrechte eingeräumt sind. Außerdem findet sich in Ziff. X des bayr. Schlußprotokolls folgende Erklärung: „Zu den Artikeln 35 und 38 der Bundesverf. war man darüber einverstanden, daß die nach Maßgabe der Zollvereinsverträge zu erhebenden Übergangsabgaben von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie die auf die Bereitung dieser Getränke gelegten Abgaben.“

2) Vergleiche hiezu erste Abtheilung § 7 Ziff. III u. IV, dann Art. 4 Note 13, endlich die dritte Abteilung Abschn. I.

3) Vergleiche hiezu die Gesetze über die Besteuerung des Tabaks vom 26. Mai 1868 und des Zuckers vom 26. Juni 1869, dann das bayrische Gesetz über die Erhebung einer Abgabe von Salz vom 16. November 1867 und die Bestimmungen in § 3, 4 und 7 des Zollvereinsvertrags vom 8. Juli 1867.

4) Dieses Recht erstreckt sich nach der Natur der Sache sowohl auf die zu Gunsten des Staats als auf die zu Gunsten der Gemeinden zu erhebenden Abgaben von Branntwein und Bier, auch ist darunter nicht bloß die Flüssigkeits-, sondern auch die Malzsteuer begriffen. Das den süddeutschen Staaten vorbehaltene Besteuerungsrecht ist übrigens kein unbeschränktes, sondern im Hinblick auf Art. 40 der Verfassung durch die Bestimmungen des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867, insbesondere Art. 5 Ziff. II § 1 —7 limitirt; die in § 2 und 7 daselbst festgesetzten Maximalsätze für Abgaben von Bier und Branntwein dürfen daher auch fernerhin nicht überschritten werden.

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