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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. XI. Reichs-Kriegswesen.
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Artikel 68.1)

Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand[2] erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851[3] (Gesetz-Samml. für 1851 S. 451 ff.).

[ [2] Am 31. Juli 1914 wurde der Kriegszustand erklärt. Der Wortlaut der Verordnung, betreffend die Erklärung Kriegszustandes im Reichsgesetzblatt Nr. 47:

"Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, etc.
verordnen auf Grund des Artikels 68 der Verfassung des Deutschen Reichs im Namen des Deutschen Reiches, was folgt:

Das Reichsgebiet ausschließlich der Königlich Bayerischen Gebietsteile wird hierdurch in Kriegszustand erklärt

Diese Verordnung tritt am Tage ihrer Verkündung in Kraft."

Mit dieser Verordnung trat gem. Art 68 zugleich das Preußische Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 in Kraft. Daraus § 3, Satz 2: " Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch Anzeige an die Gemeindebehörden und durch die öffentlichen Blätter zur Anzeige gebracht."

Bis dato ist weder durch den Deutschen Kaiser noch durch den König von Preußen eine entsprechende Anzeige zur Aufhebung des Belagerungszustandes oder die Erklärung über die Beendigung des Kriegszustandes ergangen. Daraus folgt: Das Preußische Gesetz über den Belagerungszustand ist in Kraft. Dessen Schlußbestimmung § 18 lautet: "Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften werden aufgehoben."

Somit ist das Preußische Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 das höchste Gesetz für Deutsche gem. Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. Siehe hiezu Art. 57 der Verfassung.

[3] siehe Preußisches Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851, welches u.a. die Einrichtung der Kriegsgerichtsbarkeit und deren Ausübung regelt. ]

1) Bezüglich dieses Artikels besteht lediglich zu Gunsten Bayerns eine interimistische Ausnahme, indem in Ziff. III § 5 Nr. VI des bayr. Vertrags bestimmt ist:

„Die Voraussetzungen, unter welchen wegen Bedrohung der öffentlichen Sicherheit das Bundesgebiet oder ein Theil desselben durch den Bundesfeldherrn in Kriegszustand erkärt werden kann, die Form der Verkündung und die Wirkungen einer solchen Erklärung werden durch ein Bundesgesetz geregelt.“

In Konsequenz dieser Bestimmung wurde in § 7 des Reichsgesetzes vom 22. April 1871, die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern betr. folgender Vorbehalt getroffen:

„An Stelle der Vorschriften des § 4 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuche vom 31. Mai 1870 hat es für Bayern bis auf Weiteres bei den einschlägigen Bestimmungen des Militärstrafrechts, sowie bei den sonstigen gesetzlichen Vorschriften über das Standrecht sein Bewenden.“

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