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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. VI. Zoll- und Handelswesen.
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Artikel 33.

Deutschland bildet ein Zoll- und Handelsgebiet1), umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Ausgeschlossen bleiben die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen Gebietstheile.2)

Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundesstaates befindlich sind, können in jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse einer inneren3) Steuer unterliegen.

1) Der Grundsatz, daß die nunmehrigen Bestandtheile des deutschen Reichs Ein Zoll- und Handelsgebiet bilden, war bereits (mit wenigen Ausnahmen) in den Zollvereinsverträgen *), in specio in dem Zollvereinsvertrage vom 8. Juli 1867 anerkannt; die Reichsverfassung enthält daher in dieser Beziehung nur in soferne etwas Neues, als die noch verbleibenden Vertragsbestimmungen fortan einen Bestandtheil des deutschen Verfassungsrechtes bilden, und daher nicht mehr im Wege einseitiger Kündigung, sondern nur durch Reichsgesetz abgeändert oder aufgehoben werden können. (Art. 40 der Verf.).

Außer den in der Verfassung selbst gezogenen Konsequenzen jenes Grundsatzes finden sich namentlich in den Artikeln 12, 14 und 21-28 des Zollvereinsvertrags vom 8. Juli 1867 zahlreiche Bestimmungen, welche die Freiheit und Förderung des Verkehrs und Handels innerhalb des Bundesgebietes und die Gleichstellung aller Deutschen in diesen Beziehungen bezwecken; vergl. hiezu v. Pözl, bayrisches Verfassungsrecht 3. Aufl. S. 478.

Zur Verwirklichung und zum Schutze der Einheit des Zoll- und Handelssystems dienen ferner die mit dem Zollparlamente vereinbarten Gesetze, welche nunmehr im Hinblick auf Art. 40 der Verf. die Natur von Reichsgesetzen haben, namentlich das Gesetz, wegen Abänderung einzelner Bestimmungen der Zollordnung und der Zollstrafgesetzgebung vom 18. Mai 1868 (Bundesgesseßbl. S. 225 ff.), das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 (Bundesgesetzbl. S. 317 ff. und bayr. Gesetbl. 1866/69, S. 1381 ff.), dann das Gesetz, betreffend die Abänderung des Vereins-Zolltarifs vom 1. Juli 1865, vom 17. Mai 1870 und der auf Grund dieses Gesetzes neu redigirte, vom 1. Oktober 1870 an in Wirksamkeit getretene Vereinszolltarif (Bundesgesetzbl. S. 123 ff. und 143 ff., und bayr. Gesetzbl. von 1870 S. 69 ff.)

2) Vergleiche hierzu Art. 6 des Zollvereinsvertrags vom 8. Juli 1867.

3) Über die Ausführung des in Art. 33 Abs. II enthaltenen Grundsatzeses siehe die näheren Bestimmungen in Art. 5 des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867, wonach insbesondere nur gewisse inländische Erzeugnisse mit innern Steuern belegt werden dürfen.

*) Siehe die Zollvereinsverträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 1833, vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, vom 2. Januar 1836, vom 8. Mai, 19. Oktober und 13. November 1841, 4. April 1853 und 16. Mai 1865.

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