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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. III. Bundesrath.
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Artikel 8.1)

Der Bundesrath bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschüsse.2)

1) für das Landheer und die Festungen;

2) für das Seewesen;

3) für Zoll- und Steuerwesen;

4) für Handel und Verkehr;

5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen;

6) für Justizwesen;

7) für Rechnungswesen.

In jedem dieser Ausschüsse werden außer dem Präsidium mindestens vier Bundesstaaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder Staat nur Eine Stimme. In dem Ausschuß für das Landheer und die Festungen hat. Bayern einen ständigen Sitz, die übrigen Mitglieder desselben, sowie die Mitglieder des Ausschusses für das Seewesen werden vom Kaiser ernannt; die Mitglieder der anderen Ausschüsse werden von dem Bundesrathe gewählt. Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse ist für jede Session des Bundesrathes resp. mit jedem Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind.

Außerdem wird im Bundesrathe aus den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg und zwei, vom Bundesrathe alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten gebildet, in welchem Bayern den Vorsitz führt.3)

Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten nöthigen Beamten zur Verfügung gestellt.

1) Der Art. 8 der norddeutschen Verf. erlitt mehrfache Veränderungen, indem

a. nunmehr in jedem Ausschusse außer dem Präsidium mindestens vier Bundesstaaten vertreten sein müssen, während früher nur zwei erforderlich waren,

b. indem das Recht Bayerns auf einen ständigen Sitz in dem Ausschusse für Landheer und Festungen eingeschaltet, und

c. der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten neugeschaffen wurde.

Zu bemerken ist ferner, daß auch Württemberg nach Artikel 15 Abs. II der Militärkonvention einen ständigen Sitz in dem sub b erwähnten Ausschusse hat.

2) Über die Aufgabe der Ausschüsse siehe erste Abtheilung § 4 Ziff. IV 2.

3) Die Aufgabe dieses Ausschusses ist, wie diejenige der anderen Ausschüsse vorwiegend eine consultative; die Befugniß, die Gesandten zu imstruiren und überhaupt unmittelbar in die auswärtige Politik einzugreifen, kommt ihm nicht zu; siehe die Rede des Präsidenten des Bundeskanzleramtes am 5. Dezember 1870 (Stenogr. Ber. S. 69 u. 70), dann die Verhandlungen des bayr. Landtags 1870/71, Bd. IV S.24. Ferner wurde bei den Reichstagsberathungen ausdrücklich constatirt, daß auch dieser Ausschuß in Berlin zu tagen habe (Stenogr. Ber. 1870 S.141).

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