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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. VII. Eisenbahnwesen.
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Artikel 41.1)

Eisenbahnen, welche im Interesse der Vertheidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen2) Verkehrs für nothwendig erachtet werden, können kraft eines Reichsgesetzes3) auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte für Rechnung des Reichs angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung konzessionirt und mit dem Expropriationsrechte ausgestattet werden.

Jede bestehende Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, sich den Anschluß neu angelegter Eisenbahnen auf Kosten der letzteren gefallen zu lassen.

Die gesetzlichen Bestimmungen, welche bestehenden Eisenbahn-Unternehmungen ein Widerspruchsrecht gegen die Anlegung von Parallel- oder Konkurrenzbahnen einräumen, werden, unbeschadet bereits erworbener Rechte, für das ganze Reich hierdurch aufgehoben.

Ein solches Widerspruchsrecht kann auch in den künftig zuertheilenden Konzessionen nicht weiter verliehen werden.

1) Dieser Artikel findet auch auf Bayern Anwendung.

2) Durch den Beisatz „gemeinsam“ ist offenbar die Befugniß des Reiches limitirt, indem hiernach der Art. 41 der Verfassung nur bezüglich solcher Eisenbahnen Platz greift, welche nicht bloß für den inneren Verkehr, sondern für denjenigen mehrerer Bundesstaaten nothwendig ist.

3) Der Ausdruck „kraft eines Reichsgesetzes“ bezieht sich nicht bloß auf die für Rechnung des Reichs stattfindenden Eisenbahnanlagen, sondern auch auf die Konzessionirung von Privatunternehmen; ob diese letztere durch das Reichsgesetz selbst oder, wofür die Natur der Sache spricht, auf Grund der allgemeinen Bestimmungen des Reichsgesetzes durch die betreffenden Landesregierungen erfolgt, ist in Art. 41 nicht klar ausgedrückt. In der 39. Sitzung des norddeutschen Reichstages von 1870 wurde ein Antrag angenommen, den Bundeskanzler aufzufordern, ein Gesetz vorzulegen, in welchem unter Anderem auch die Grundsätze über Konzessionirung der Eisenbahnen festgestellt sind; vergl. hierzu stenogr. Ber. 1870 Bd. 2 S. 783-788.

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