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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Zweite Abtheilung. Verfassung des deutschen Reiches. XI. Reichs-Kriegswesen.
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Artikel 64.

Alle deutschen Truppen sind verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen.1)

Der Höchstkommandirende eines Kontingents, sowie alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskommandanten werden von dem Kaiser ernannt.

Die von Demselben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid.

Bei Generalen und den Generalstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents ist die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen.2)

Der Kaiser ist berechtigt, Behufs Versetzung mit oder ohne Beförderung für die von Ihm im Reichsdienste, sei es im Preußischen Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden Stellen aus den Offizieren aller Kontingente des Reichsheeres zu wählen.3)

1) a. Von Art. 64 findet auf Bayern nur der erste Absatz theilweise Anwendung, indem in Ziff. II. § 5 Nr. IV des bayrischen Vertrags bestimmt ist: „Im Kriege sind die bayrischen Truppen verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten. Diese Verpflichtung wird in den Fahneneid aufgenommen.“

b. Für Württemberg gilt der Abs. I des Art. 64 ohne specielle Modifikation (Art. 4 der Milit.-Convent.).

2) Statt des Abs. II des Art. 64 kommt für Württemberg nach stehender Passus des Ar t. 5 resp. Art. 7 der Militär-Convention zur Anwendung:

„Die Ernennung, Beförderung, Versetzung u. s. w. der Officiere und Beamten des k. württembergischen Armeekorps erfolgt durch Seine Majestät den König von Württemberg, diejenige des Höchstkommandirenden für das Armeekorps nach vorgängiger Zustimmung Seiner Majestät des Königs von Preußen als Bundesfeldherrn.“

Über die Ernennung des Kommandanten für die in Württemberg gelegenen festen Plätze, welche etc. dem Bundesfeldherrn zusteht etc., wird sich der Bundesfeldherr eintretenden Falls mit dem König von Württemberg vorher in Vernehmen sehen; ebenso wenn der Bundesfeldherr einen von Ihm zu ernennenden Officier aus dem k. württembergischen Armeekorps wählen will.

Um der Beurtheilung dieser Ernennungen eine Grundlage zu gewähren, werden über die Officiere des k. württembergischen Armeekorps vom Stabsofficiere aufwärts alljährlich Personal- und Qualifikationsberichte nach preußischem Schema aufgestellt und Seiner Majestät dem Bundesfeldherrn vorgelegt" (Art. 7 der Milit.-Conv.).

Innerhalb der bayrischen Armee steht dem Kaiser kein Ernennungsrecht zu; ebensowenig findet die Vorlage von Qualifikationsausweisen von bayrischen Officieren an denselben statt.

3) Zu Abs. III des Art. 64 ist in Art. 8 Abs. II der württembergischen Militärkonvention bestimmt:

„Hinsichtlich etwa wünschenswerther Versetzung einzelner Offiziere aus k. württembergischen Diensten in die k. preußische Armee oder umgekehrt haben in jedem Spezialfalle besondere Verabredungen stattzufinden. "

Versetzungen von der bayrischen Armee zu einem anderen Kontingente und umgekehrt können vom Kaiser nicht verfügt werden; spezielle Vereinbarungen sind jedoch nicht ausgeschlossen.

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