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Reichsverfassungsurkunde

vom 16. April 1871 und die wichtigsten Administrativgesetze des deutschen Reichs mit einer systematischen Darstellung der Grundzüge des deutschen Verfassungsrechts.
Herausgegeben und erläutert von Emil Riedel im Verlag C.H. Beck, Nördlingen 1871.

Dritte Abtheilung. Anhang B zum V. Abschnitt. Bayrische Ministerialentschließung vom 5. Juni 1871 Nr. 16137, die Auswanderung von Wehrpflichtigen und Militärpersonen Betr.
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Anhang zum V. Abschnitte

B.

Bayrische Ministerialentschließung vom 5. Juni 1871 Nr. 16137, die Auswanderung von Wehrpflichtigen und Militärpersonen Betr.

Bezüglich der Auswanderung von Wehrpflichtigen und Militärpersonen ergeht im Hinblicke auf die einschlägigen Bestimmungen des (nord-)deutschen Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 nachstehende Entschließung:

1. Nach § 15 Abs. 1 des allegirten Gesetzes ist jedem Staats-Angehörigen die Entlassung zu ertheilen, welcher nachweist, daß er in einem anderen Bundesstaate die Staatsangehörigkeit erworben hat.

Diese Bestimmung bezieht sich auch auf jene Staatsangehörigen, welche in Bayern bereits wehrpflichtig geworden sind oder der Armee angehören.

Die Distriktsverwaltungsbehörden haben die Instruktion solcher Entlassungsgesuche zu pflegen und nach erfolgter Ausstellung der Entlassungsurkunde durch die vorgesetzte Kreisregierung, die einschlägige Heeresabtheilung, beziehungsweise das betreffende Landwehrbezirkscommando behufs der Berichtigung der Listen und der Fertigung des Militärpasses geeignet zu verständigen.

2. Bezüglich der Auswanderung von Wehrpflichtigen oder von Militärpersonen, welche den Nachweis des Erwerbes der Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate nicht erbracht haben, gelten folgende Bestimmungen:

a. Wehrpflichtige, welche sich in dem Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebensjahre befinden, haben nach Anbringung ihres Entlassungsgesuches bei der einschlägigen Distriktsverwaltungsbehörde zunächst ein Zeugniß darüber beizubringen, daß sie die Entlassung nicht blos in der Absicht nachsuchen, um sich der Dienstpflicht im stehenden Heere zu entziehen.

Die Ausstellung dieses Zeugnisses steht dem Landwehrbezirkscommando nach vorgängigem Benehmen mit der Distriktsverwaltungsbehörde zu. Sind nach den vorliegenden Verhandlungen im Betreffe der Uebersiedlung in andere Bundesstaaten keine Anhaltspunkte gegeben, welche auf eine versteckte Absicht schließen lassen, sich dem Militärdienste zu entziehen, so hat das Landwehrbezirkskommando das Zeugniß auszustellen, daß die Militärdienstpflicht dem Vorhaben nicht hinderlich im Wege stehe und sind hierüber Vormerkungen zu machen, bei begründeten Bedenken dagegen ist die Ertheilung des erbetenen Zeugnisses zu verweigern.

Nach beendeter Instruktion sind die Verhandlungen durch die Distriktsverwaltungsbehörde der vorgesetzten Kreisregierung zur Würdigung der Frage über die Ausstellung der Entlassungsurkunde vorzulegen.

b. Unteroffiziere und Soldaten der aktiven Armee und die Ersatz- mannschaften I. und II. Classe, dann die Reservisten und Landwehrmänner während der Dauer ihrer Einberufung zum aktiven Dienste, haben vor der Anbringung ihres Gesuches um Entlassung aus dem Staatsverbande die Entlassung aus dem Militärdienste nachzusuchen.

Diese letzteren Gesuche sind der Prüfung und Entscheidung derjenigen Heeresabtheilung unterstellt, bei welcher die Gesuchsteller sich eingereiht befinden.

Die Gesuche der Ersatzmannschaften II. Classe der aktiven Armee hat das Landwehrbezirkscommando zu erledigen, bei welchem der Bittsteller in Listen steht.

Hiebei können nur militärdienstliche oder ärarialische Rücksichten als Anhaltspunkte für die Genehmigung oder Abweisung dienen. Gesuche von Offizieren und Militärbeamten in dieser Richtung sind durch vorherige Entlassung von der Charge bedingt.

Nach erlangter Genehmigung der Entlassung aus dem Militärdienste ist das Gesuch bei der Distriktsverwaltungsbehörde anzubringen, welche dasselbe zu instruiren und sodann die Verhandlungen der vorgesetzten Kreisregierung behufs der Ausstellung der Entlassungsurkunde vorzulegen hat.

3. Bei Auswanderungen von Wehrpflichtigen und Militärpersonen in's Ausland, d. h. in andere als in die deutschen Bundesstaaten, hat das in Ziff. 2 lit. a und b vorgezeichnete Verfahren in jedem Falle, sohin auch dann stattzufinden, wenn der Gesuchsteller den Nachweis über den Erwerb der Staatsangehörigkeit in dem betr. Lande erbracht haben sollte.

4. Die Bestimmung wegen Einholung einer militärdienstlichen Bewilligung zum Zwecke der Uebersiedlung, bezw. Auswanderung von wehrpflichtigen Waffendienstunwürdigen tritt außer Wirksamkeit. Solche Wehrpflichtige unterliegen in dieser Richtung lediglich den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Die erfolgte Entlassung ist jedoch in jedem Falle von der Distriktsverwaltungsbehörde dem betreffenden Landwehrbezirkscommando bekannt zu geben.

Dieses unter Hinweisung auf die vom k. Staatsministerium des Innern zum Vollzuge des Eingangs erwähnten Gesetzes bereits unterm 9. vor. Mts. An die kgl. Regierungen, Kammern des Innern, erlassene, in den Kreisamtsblättern veröffentlichte Entschließung Nr. 4756 zur Wisssenschaft und Darnachachtung.

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